Das Restaurant "Zur goldenen Möwe" befindet sich in einer Kleinstadt in
einem Zonenrandgebiet in dem es, meiner Erfahrung mit unseren Gästen
nach, mehr Nagelstudios als Zahnarztpraxen gibt. Wenn die Leute vor dem
Counter auftauchen bleibt es nicht aus, dass sie den Mund aufmachen und
oft, wirklich sehr oft, ist das, was man dann sieht nicht nur optisch
die Pforte zur Hölle. Ich rede hier nicht von schiefen oder nicht ganz
100%ig perlweissen Zähnen - ich rede von braunen Zahnstümpfen, gerne ins
schwarz-gräuliche chanchierend, von Zahnbelag, der aussieht als wäre er
nur eine Verpuppungsphase davon entfernt sich in etwas 4-Beiniges zu
verwandeln und von Kauleisten, die den Namen nicht verdienen.
Wo ich
mich noch bis vor kurzem gewundert habe, wo RTLII die dentalen
Trümmerhaufen für die Realityshow "Furchtbar schön" zusammengetrieben
hat, kann ich hier und heute berichten: dieses Rätsel ist gelöst.
Letztens
tauchte eine Dame vor mir auf: grellrot gefärbtes Haar, durchgestyltes,
hochpreisiges Outfit, mit Schmuck behängt, die Nägel frisch geglittert
und gelackt (spitz zugefeilt). Eine gepflegte Frau um die 35, die dezent
nach Parfüm duftete - und dann machte sie den Mund auf.
Meine
Herrschaften! Die untere Zahnreihe bestach durch ihre Farblichkeit:
schwarzer Zahnstumpf zwischen einem Fanal in braun und grau, leicht
grünstichig. Die obere Zahnreihe bestand aus einer schiefen Reihe in
monochromem braun. Als die Dame zu sprechen anfing wehte mir nicht nur
ein Geruch wie aus der Gruft entgegen, es hatte auch ganz den Eindruck,
als müsse sie beim Sprechen ihre schwarzen Zahnreste mit der Zunge vom
Herausfallen abhalten.
Und da stehst du nun und sollst freundlich
lächeln. Ich bin empfindlich was üble Gerüche angeht und just, als diese
Frau so vor mir stand und mich über die Kasse hinweg anatmete fing mein
Magen an zu rebelieren.
Was also macht der freundliche
Servicemitarbeiter? Er lächelt und atmet durch den Mund weiter und
heftet seine Augen fest auf den Monitor um sich nicht schlagartig auf
den Counter und vor die Gäste zu erbrechen.
Glaubt mir, diese Kundin
ist keine Ausnahme! Auf jeder Schicht hatte ich bisher mindestens einen
Fall, der einem Zahnarzt, einem Dentallabor und einem Kieferchirurgen
über Jahre das Auskommen sichern könnte. So wie gestern: ER geschätzte
46-50, sehr gepflegt, jugendliche Markenklamotten, SIE schätzungsweise
Mitte-Ende 30 und auch in hochpreisige Marken gewandet. Als sie den Mund
aufmachte konnte ich nicht mehr Pommes-Ketchup-Cola denken. Ich hab mir
ab da überlegt, dass die beiden, die offensichtlich ein Paar waren,
vermutlich auch Zärtlichkeiten austauschen und dass ihn ihre
gräulich-braune Tropfsteinhöhle entweder nicht stört oder er sich damit
arrangiert hat . In beiden Fällen gilt: wie verzweifelt kann mann sein??
Natürlich frage ich mich
a. Wie lange hat man sich die Zähne nicht mehr geputzt, dass die SO aussehen und
b. Warum lebt man freiwillig mit sowas?
Und natürlich frage ich mich
c. Will ich das wirklich wissen????
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